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Sommer-Raubfische: Sauerstoff ist der Weg zum Erfolg! - Seite 2 Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uli Beyer   

 

Stehendes Wasser
Die Sprungschicht zwingt Räuber in die Höhe!Im Warmwasser anders verhalten sich die Raubfische zum Beispiel auch im Möhnesee, einem 1000 ha großen Stausee in meiner Nähe! Im Mai und oft noch im Juni sind kapitale Hechte und Zander oft Zufallstreffer. Wir finden sie mal flach, mal tief und es ist schwer, konkrete Fangbereiche auszumachen. Gerade die kapitalen Räuber stehen dann häufig schwer erreichbar in tieferen Regionen des Gewässers. Das Licht, die Wohlfühltemperatur und der Sauerstoff sind dann dort optimal. Der gesamte Wasserkörper ist noch ausreichend mit Sauerstoff versorgt und die Räuber wählen angenehm temperierte und beleuchtete Standorte aus. Beginnt die Sommerhitze, werden mit auffälliger Regelmäßigkeit echte Ausnahmefische gefangen, die man sonst im ganzen Jahr sehr selten sieht! Erstaunlich ist auch, dass die Räuber dann häufig am Tage in der Sonne bzw. Nachmittags bei regem Treiben am See beißen! Es ist eine scheinbar „falsche Angelwelt!“ Von unserem Fischereimeister Markus Kühlmann bekam ich dafür eine plausible Erklärung: Mit der steigenden Wassertemperatur beginnt eine Sauerstoffzehrung vom Tiefenwasser bis hin in flachere Regionen und es bildet sich im Tiefenwasser eine wachsende Schicht mit Wasser ohne genügend Sauerstoff. Die Räuber werden quasi aus der Tiefe in flachere Regionen „gedrückt“, ob sie wollen oder nicht.

Flach und krautig ist im stehenden Wasser eine gute Stellenwahl!Extrem erlebte ich dieses Phänomen als Jungangler, als der lebendige Köderfisch noch erlaubt war. Damals angelte ich auf Aale, Hechte und Zander mit kleinen Köderfischen in einem recht trüben Flachwassersee. Obwohl das Wasser am Angelplatz nur 2 Meter tief war, fiel mir immer wieder auf, dass die kleinen Köderfische dort an der Grundangel schnell verstarben. Bisse bekam ich dort natürlich auch nie. Der Sommer war eine „schlechte Zeit!“ Erst, als ich mit Unterwasserposen und sehr langen Vorfächern den Köderfischchen die Möglichkeit gab, ins Oberflächenwasser auszuweichen, stellten sich plötzlich sehr schöne, teils sogar außerordentliche Erfolge ein. In sehr trüben Gewässern, in denen das Licht nur wenige Zentimeter eindringen kann, ist es also extrem wichtig, auch wirklich flach zu präsentieren. Heute sind lebendige Köderfische verboten, dennoch kann man auch als Köderfischangler mit totem Köderfisch Lehren ziehen: Die Köderfische müssen schwimmend oder an der Pose sehr flach präsentiert werden, wenn man Räuber in solchen Gewässern überlisten will. Dort ist es für Fische nicht nur unangenehm im Tiefenwasser, sondern sogar lebensbedrohlich! Grob kann man sagen, dass die Angeltiefe im sehr warmen Wasser die Sichttiefe möglichst nicht überschreiten sollte, um genügend Sauerstoff im Wasser vorzufinden!

Nicht nur Licht

Mechanisch kann auch Sauerstoff ins Wasser gelangen! Auch wenn der Lichteinfall der wichtigste Faktor für die Sauerstoffzufuhr ins Wasser ist, gibt es natürlich auch andere Faktoren. Durch mechanischen Eintrag, also bewegtes Wasser durch Wind, starke Strömung, Schifffahrt im Gewässer, kühlere Zuflüsse aus Quellen und Bächen oder im Idealfall ein Wehr als Wasserfall können ebenfalls verstärkt Sauerstoff ins Wasser befördern und so diese Stellen interessanter machen als andere. Mein Freund Marcel angelt im Sommer z.B. sehr gern auch an Fähranlegern der holländischen Flüsse. Dort ist immer eine stark erhöhte Wasserbewegung durch die Anlegemanöver der Schiffe und somit erhöhter Sauerstoffeintrag. Dort hat er immer wieder sehr schöne Hechte und Zander im Tumult der Anlegemanöver einer Fähre „weggezupft“.. Am Niederrhein bzw. der Waal in Holland wird die Strömungsgeschwindigkeit sehr langsam, teils bemerkt man nur noch sehr schwache Strömung. Außenkurven mit höherer Strömungsgeschwindigkeit und vor allem die Ufer mit auflandigem Wind sind dann die Bereiche mit verstärkter Wasserumwälzung und somit bevorzugte Aufenthaltsorte der Fische. Die dortigen Flachwasserbereiche können dann sehr große Zahlen von kapitalen Räubern beherbergen. Achten Sie unbedingt darauf, dann nicht zu tief zu angeln. Ist das Wasser trübe und die Sichttiefe nicht größer als 1 Meter, sind auch die Räuber selten tiefer als 1-2 Meter zu finden, wenn die Wassertemperaturen über 23 Grad Celsius liegen. Ich habe es zwar noch nicht probiert, vermute aber gleiches auch an der Elbe und der Weser in Norddeutschland.

Tageswanderungen

Abends ist meistens die Top-Zeit für den Raubfischfang!Auffällig sind auch größere Wanderungen der Fische wenn sich der Sauerstoffgehalt und die Lichtsituation im Gewässer stark ändern! Während in wirklich sauerstoffarmen Gewässern die Morgenstunden immer sehr zähes Beißen bieten, kommen die Fische langsam am Vormittag auf Trab. Sie jagen dann in flachem Wasser und der Höhepunkt der Beißerei liegt fast immer im Sonnenlicht am Mittag oder frühen Abend, manchmal auch die späte Abenddämmerung im sehr flachen bis mitteltiefen Wasser (0,5 – 2,5 m). Die Beißkurve und die Sauerstoffkurve im Tagesverlauf liegen dann sehr ähnlich beeinander!

Extrem sind die Wanderungen der Räuber in stehenden Gewässern wie z.B. im Möhnesee. Die „Wanderfaktoren“ sind Licht, Wind und Wassertemperatur! Anders als im Fließwasser sind die Unterschiede im Tagesverlauf und an unterschiedlichen Stellen des Gewässers extrem groß. Das Seewasser ist im Sommer stark „geschichtet“. Es gibt eine sehr warme „Oberflächenschicht“, das Epilimnion, die gern von Zandern in der aktiven Jagdzeit aufgesucht wird. Darunter liegt die bekannte Sprungschicht, das Metalimnion. Hierin finden wir die Räuber meistens. Am Tage mit stärkerer Sonneneinstrahlung tief, in der Regel am unteren Ende. Bei uns im Möhnesee bedeutet das in Wassertiefen von ca. 6-14 Metern. Vor allem die Großräuber mögen es etwas dunkler und kühler. Wer sie am Tage sucht, findet sie meist dort. Erst am Abend mit abnehmendem Licht kommen auch sie höher und jagen teils sogar direkt im Oberflächenwasser. Die Wanderung ist nicht zufällig, denn auch das Plankton und damit die Futtergrundlage der Kleinfische wandert im Tagesverlauf mit aufgehender Sonne ins Tiefenwasser und kommt erst am Abend wieder zurück. Je ausgeprägter die Schwankungen des Sauerstoffgehaltes sind, desto wahrscheinlicher ist eine verstärkte Aktivität in den Abendstunden. In klaren Seen sind die Schwankungen eher gering, in sehr trübem Wasser mit großer Algenbildung können sie aber extrem stark sein.

Besondere Tage (Gewitter, Regen, Wind)

Starker Wind ändert die Bedingungen beim Angeln!Starker Wind kann dieses Verhalten jedoch aufheben, denn der Sauerstoffaustausch zwischen Luft und Wasser erfolgt dann auch in stärkerem Umfang durch die Wasserumwälzung. Auflandiger Wind ist dann ein absolutes Muss für den erfolgreichen Raubfischfang. Nicht nur erwärmtes, sondern besonders sauerstoffhaltiges Wasser wird dort durch eine Zirkulation in die Tiefe transportiert. Es ist sozusagen die Klima- bzw. Frischluftanlage in einem sonst stickigen Raum. Kein Wunder, dass sich alle Fische dorthin drängeln!

Schlechtes Wetter - große Räuber! Eine gute Sommerregel...Gewitter bringen magische Beißmomente!Stark erwärmte Gewässer sind aber auch sehr anfällig gegen äußere Einflüsse. Vor allem könnte man ja annehmen, dass ein ordentliches Sommergewitter für eine starke Sauerstoffzufuhr sorgt. Allerdings fließt mit dem Regenwasser auch sehr viel organischer Abfall ins Wasser. Blütenpollen, Blätter und im schlimmsten Falle die Gülle vom Acker nebenan können fatale Wirkungen auf das Wohlbefinden und damit das Beißverhalten der Fische haben. Die extreme Zufuhr organischen „Abfallmaterials“ ins Wasser führt zu einem extremen Sauerstoffverbrauch und somit zu einem drastischen Rückgang der Beißerei. Deshalb mag ich Regengüsse nach längerer Hitze in trüben Gewässern überhaupt nicht. In klaren Gewässern ohne große Nährstoffzufuhr können sie hingegen zu einer außerordentlich guten Beißerei in einer sonst schwierigen Angelphase des Jahres führen. Ich wünsche Ihnen jetzt den richtigen Riecher und ein dickes Sommer-Petri Heil!