Notgedrungen vegetarisch Drucken
Geschrieben von: Marcel Birth   

Vegetarische Kost für Raubfische!Endlich war es wieder soweit, der 1., und damit der Saisonstart, stand vor der Tür und dies bedeutet für mich der Beginn der Raubfisch Angelsaison in unserem Heimatverein.

Die Mitglieder unseres Angelvereins dürfen leider in einigen Seen keine künstlichen Köder zum Fang der Räuber beim Saisonstart einsetzen. Dies ist sehr schade, denn die sportliche Art des Spinnfischens ist nicht nur gesund für den Angler, sondern auch für die Raubfische, denn die werden ausschließlich in der vorderen Maulpartie mit den Haken in Kontakt kommen.

 

So kann man die Fische schnell, und ohne schweres OP-Besteck einsetzen zu müssen, wieder befreien.

Nun ja, es bleibt ja noch die Angelei mit Köderfisch aber das wäre mir viel zu statisch.

Das Drachkovitch System wäre eine Möglichkeit, allerdings muß man dafür auch erst wieder Köderfische fangen und dann noch die Hälterei.... nein Danke.

Einfrieren der Köfis wäre auch keine echte Alternative ( die Köder werden nach dem Auftauen zu weich ) und meine Frau findet die Idee nicht so prickelnd, denn wir haben keine 1000 Liter Gefriertruhe zu hause, lediglich drei volle Schubladen in der Kühl/Gefrierschrankkombination.

„Mensch, denk nach“, sagte ich zu mir selbst.

Ich brauchte einen Köder der nicht künstlich ist ( künstlich ist ja verboten ), mit dem ich spontan angeln gehen konnte und der ein Beutefischchen gut imitiert. Außerdem musste er viele und weite Würfe aushalten können.

Da kam mir die Idee: Eine rohe Kartoffel – in Fischform geschnitten! Ausprobieren!

Zu Hause im Garten machte ich verschiedene Versuche was die Befestigung des Köders betraf. Die Lösung war gar nicht so problematisch. Ich bog ein Stück Klavierdraht zu einem kleinen, lang gezogenem Rechteck, drückte es fast komplett in Längsrichtung in die zugeschnittene Kartoffel und schob dann einen kleinen Zahnstocher zum kontern rechtwinklig durch Kartoffel und Drahtklammer. Jetzt konnte man das Stahlvorfach mittels Karabinerhaken in die kleine verbleibende Öse einhängen. Ich war wirklich erstaunt wie robust dieser Pommes Frites ähnliche Köder war.

In den Karabiner wurde noch ein Stück Stahlvorfach mit montiertem Drilling eingehängt, den ich mit einem der drei Haken in die Kartoffel stach. Zuletzt auf den Karabiner noch ein Spaltblei klemmen.

Fertig war der vegetarische Jig! Und das war definitiv kein künstlicher Köder.

Gemüseräuber - hat geklappt!
Jetzt ging es los, Saisonstart, früh am Wasser, erster Wurf, schön weit, zielgenau, ein bisschen flattern im Flug aber letztlich doch voll akzeptabel.

Köder absinken lassen und nach Grundkontakt sägezahnartig einholen. Allerdings handelte es sich um eine sehr kurze Säge, denn bereits nach dem zweiten Zahn ruckte es kräftig in dem dehnungsarmen Geschirr.

Drill und Landung verliefen sehr erfreulich für mich, der Fisch, ein 70er Hecht ... einfach bärenstark.

Ich fing noch 3 andere Hechte unter anderem auch noch einen 65 cm Zander. Ich war glücklich und zufrieden.

Ab und zu gab es eine Anmerkung von einem vorbeikommenden Kollegen: „Du bist doch nicht etwa am Blinkern?“ „ Nee, is nur ne' Kartoffel am Band.“ „ Lass mal sehen, is ja'n Ding! Und das geht?“

Und das geht!
Ein paar Tage später fing ich tatsächlich einen wunderschönen Esox von 104 cm!

Auch jerken ohne Bleikopf an der Oberfläche über Kraut funktionierte einwandfrei.

Auch Jerkbaits sind machbar!
Langsam kam der Herbst und das Wasser wurde klarer. Ein dunklerer und gerne auch größerer Köder wäre ideal.

Meine Überlegungen führten zu folgendem Ergebnis:

An einem wunderschönen Oktober Vormittag mit anfänglichem Morgennebel fing ich 5 kampfstarke Hechte allesamt zwischen 80 und 89 cm. Köder, eine 20 cm Karotte mit 4 Gramm Bleikopf und 2 Drillingen Größe 2 ( perfekt für 2 bis 3 m tiefes Wasser mit einer Sichtweite von einem Meter).

Erneut veränderten sich die Umstände. Der durch den See strömende Fluss brachte nach heftigen Regenfällen ein mittleres, trübes Hochwasser mit sich. Jetzt brauchte ich einen großen, allerdings sehr hellen Köder.

Nach einem detailliertem Gespräch mit meiner Frau über sämtliche Gemüsesorten und ihrer Konsistenz entschied ich mich für einen Radi.

Hecht im Gras - trotz Kunstköderverbot!
Dies ist eine Rettichsorte daraus schnitzte ich mir 18 - 20 cm große Köder, welche allerdings kurz auf die Heizung mussten um die benötigte Festigkeit zu erlangen.

Der Radi hat eine weiße Farbe, heller gibt es nicht an der Gemüsetheke im Supermarkt. Zum Glück erhält man dort noch kein phosphoreszierendes Gemüse.

Ort des Geschehens sollte das Mündungsgebiet des Flusses in den See sein.

Obwohl es am anvisierten Angeltag regnete war die Belohnung riesig, ein 85er dickbauchiger Zander inhalierte vehement den Radi, es war einfach unglaublich.

Genialer Gemüsezander!
Bereits Ende November war dann unsere kurze Vereinsangelsaison vorbei, jedoch hatte ich viel Kurioses erlebt und tatsächlich wieder etwas dazugelernt.

Diese improvisierte Art der Köderherstellung hat mir tatsächlich viele schöne Spinnfischermomente an unserem Vereinsgewässer ermöglicht.

Unsere Räuber mögen vegetarische Kost, ausschlaggebend ist lediglich die Präsentation.

Es ist schön, dass unser Hobby, die Angelei, einfach grenzenlos ist!

Viel Petri Heil und Spaß beim Ausprobieren wünscht Euch Marcel Birth (hier im Forum auch "Streamer")