Anders als erwartet… Drucken
Geschrieben von: Uli Beyer   

Ulis erster Nilbarsch in ÄgyptenAlles begann auf einem Filmtrip mit Arne Seiberlich. Arne erzählte mir, dass er im März 2011 eine geniale Nilbarschtour geplant habe. Nach ersten Erfahrungen mit Nilbarschen in Kamerun schlummerte auch in mir der Wunsch, einen tollen Nilbarsch zu fangen. Diese Biester beißen brutal hart und sind geniale Kämpfer an der Angelrute. Leider war die Bissquote in Kamerun damals nicht so gewaltig und am Lake Nasser sollte alles anders werden. Wir wollten mal so richtig aus dem Vollen schöpfen. Nilbarsche sehen unseren Barschen und noch mehr den Zandern ähnlich – sind allerdings wie Barsche allgemein recht hochrückig.

 

Da wollten wir hin!Kurzum – ich fragte Arne, ob es noch eine Chance gäbe, an dieser Tour teilzunehmen. Schnell war der Kontakt zu Frank Knossalla von Andrees Angelreisen hergestellt: „Das wird eine super- Promo-Tour! Die haben uns die besten Stellen in Ruhe gelassen und wir werden so richtig was auf den Pinn kriegen!“ Franks Worte bestärkten mich in meinem Entschluss mitzufahren und ich freute mich auf eine geniale Tour nach dem ganzen Messestress, obwohl ich im Vorfeld gehört hatte, dass die allerbesten Zeiten dort eigentlich vorbei sind…

Einige Tage später mailte Frank mich an und verkündete mir, dass die Reise viele hundert Euro günstiger als der Normalpreis sei: 1950,- Euro war unser „Spezialpreis“. Frank eröffnete mir auch gleich, dass er schon einen Bootspartner für mich habe. „Nee, lass erst mal – ich suche im Freundeskreis!“ und ich fand in Sven (alias Forellenfreund) meinen Wunschpartner für eine geniale Urlaubstour. (Torsten, falls Du diese Zeilen liest: „Im Nachhinein wärest Du auch ein toller Bootspartner gewesen, aber mit "Unbekannten" wollte ich kein Risiko eingehen!).

Unser Wunschfisch  - groß und größer sollten sie sein!Tolle Traumfische - ob sie beißen werden?
Frank hatte jedem Teilnehmer nicht nur eine ausführliche Reisebeschreibung, sondern zusätzlich noch ein dickes Buch von Tim Baily, dem Veranstalter in Ägypten, geschickt. Die Bilder der Riesenbarsche und vielen Drillfotos weckten zusätzliche Erwartungen und nach einer eher schlechten Vorbereitung (wegen zu viel Arbeit vor der Tour) ging es am 13. März endlich los.

Tourstart!

Mutterschiffe mit Angelbooten am UferAm Flughafen trafen sich dann 7 wilde Angler + Frank Knossalla von Andrees Angelreisen als „Tour-Organisator“. Alle waren natürlich heiß wie Frittenfett auf ein besonders starkes Angelabenteuer. Sven, der sich im Vorfeld doch noch etwas informieren konnte, dämpfte unsere optimistischen Erwartungen: „März ist viel zu früh! Die gute Zeit für das Wurfangeln beginnt im April und hat im Mai den Höhepunkt! „Hm – Frank von Andrees Angelreisen hatte mir schon für März eine Spitzenangelei versprochen und ich war hin- und hergerissen. „Abwarten!“ dachte ich mir und guter Dinge ging es los. Mit von der Partie waren Horst Hennings, Tobias von Daiwa/Cormoran, Arne Seiberlich, Sascha von der Angeldomäne, Torsten aus Nordhorn und als Organisator bzw. Veranstalter Frank K nossalla.

Auch auf die waren wir mehr als gespannt! Ägyptische Tiger...Gegen Mitternacht nach 2 Flügen kamen wir in Assuan im Hotel an. Bis 2.30 Uhr saßen wir noch in der Lobby und bekamen sogar noch Getränke und etwas zu essen. Es schienen nur sehr wenige Touristen wegen der Revolution im Hotel zu sein und die Angestellten bemühten sich nach besten Kräften um unser Wohl. Die erste Überraschung war das sehr kühle Wetter. Wir hatten viel Wärme und eher Hitze als Kälte erwartet. Ich war froh, Fleece-Jacke und Windstopper dabei zu haben – ohne wäre es ziemlich kalt geworden…

Sven freut sich über den ersten NilbarschAm nächsten Morgen fiel das Aufstehen um kurz vor Acht sehr schwer. Tim Baily und die ganze Mannschaft saßen schon am Frühstückstisch, als wir ankamen. Tim bestätigte Svens Erwartungen und meinte, dass die Angelei momentan wohl sehr schwierig sei und „neue Methoden“ wohl bessere Chancen hätten. „The fish became shy and learned a lot!“ ließen wenig Gutes erhoffen. “Versucht Euch mit den Guides abzusprechen, damit nicht alle Gruppen die gleichen Stellen abangeln!“ und „Sucht Deckung und versucht ruhig zu sein, wenn Ihr aussichtsreiche Stellen beangelt!“ Die Barsche schienen unter Dauerbeschuss zu sein und anglerisch „sehr gebildet“…

So sahen unsere Betten aus...Gegen Mittag fuhren wir los in Richtung Startpunkt auf dem Stausee. 3 kleine Schlafboote, ein großes Mutterschiff und ein kleines Mutterschiff mit „Beiboot“ waren für uns bereit gestellt. Frank war happy: „Boah – die waren richtig großzügig und haben uns bestens ausgestattet!“ Frank und Arne bezogen das kleine Mutterschiff und hatten luxuriöse Betten – dafür aber auch nur das ziemlich kleine Beiboot zum Angeln! 2 Guides standen den beiden zur Seite, so dass einem tollen Film nichts im Wege stand.

Die anderen losten die Guides aus und wir landeten bei Hamdy im Boot. Er war zunächst etwas zurückhaltend und ruhig, taute aber in der Woche auf und entpuppte sich als sehr guter Guide und netter Kerl!

Los ging es auf See-Safari. Es sollten laut Frank und mitgeschicktem Buch riesige Barsche, wilde Tigerfische und andere „Monster“ auf uns warten…


 

Anders gekommen

Die Euphorie wurde bald gedämpft, denn unsere Guides bestätigten Svens Recherchen und erzählte auf meine Nachfrage hin von der letzten Tour: „The last group caught 6 perch in the week. It´s very difficult now!“ Damit waren wir schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Für ausführliche Geschichten rund um die Angelei blieben die Fänge deutlich zu gering. Eigentlich ging es weniger darum, besonders dicke Barsche zu fangen, sondern mehr darum, überhaupt etwas zu fangen. Arne schimpfte: „Da haben wir ja in Holland dickere Dinger gefilmt!“ Horst meinte: „Mann, was hätte ich in der Zeit schöne Meerforellen fangen können!“ Tobias Kommentar: „Da hat uns irgendwer so richtig vernutzt!“ Torsten und Sascha wollten das Projekt Nilbarsch noch nicht ganz aufgeben, waren aber auch sehr enttäuscht, weil ihnen deutlich mehr und bessere Fische versprochen worden waren. Sven hatte seinen Reichsparteitag, denn alle seine negativen Prognosen in punkto Fangaussichten wurden nicht nur bestätigt, sondern übertroffen! Erwartungsfrohe Angestellte von Tim Baily befragten uns ebenfalls nach der Tour: „Good fishing?“ Auf unser Nein hin erklärten sie dann ebenfalls, dass jetzt im März eine „very bad time“ ist.

Keine Riesen, aber NilbarscheDie Freude war bei jedem Kämpfer groß!Motoroil Slottershads waren besonders attraktiv

Natürlich haben wir dennoch versucht, das Beste aus der Tour herauszuholen und dank der sehr angenehmen und netten Truppe gelang das auch. Wir hatten viel Spaß auch ohne die geplanten Zielfische! Es gab auch Tigerfische, Buffer-fish und Welse, die wir alle zu Gesicht bekamen! Mit viel Spaß und Erstaunen machten wir sehr schnell mit dem absoluten "Anti-Fisch" vor Ort Bekantschaft. "Buffer-Fish" sollte man möglichst nicht in den Mund nehmen und "vorsichtige Bisse" beim Jiggen sind immer ein sehr schlechtes Zeichen, denn die sonst sehr erfolgreichen Gummifische werden beim Zug durch´s Wasser regelrecht aufgefressen! Sven konnte davon ein besonders Lied singen! War er anfangs noch höchst erfreut, als ein echter Exote an der Leine hing...
Witzig - Bufferfische waren exotische Räuber!Die Freude ist (noch) groß...Es könnten unrasierte Zwillinge sein...Der hier war besonders kapital!Achtet auf die Zähne!Irgendwann wurde aus Spaß Ärger...... weil die Biester unsere wertvollen Shads zerlegten!Deswegen haßte Sven Buffer... irgendwann!
Mehr Spaß bereiteten uns die sportlichen Tigerfische, die an vielen Stellen sehr zahlreich auftraten und uns so manch´ sonst langweiligen Angeltag doch noch kurzweilig gestalteten. Diese brutal aussehenden Oberflächenräuber schienen sich auf alles zu stürzen, was sich durch´s Wasser bewegte. Egal ob Wirbel, Wobbler oder sonstige Spinnköder. Vor Tigerfischen war nichts sicher und etliche Köder gingen durch die super-scharfen Zähne beim Biss und im Drill verloren! Optimal für die gezielte Tiger-Angelei waren wohl silberne Spinner und Löffelblinker. Auch zügig durch´s Wasser gezogen wurden die brutalst attackiert. Am feinen Spinngerät boten die Fische einen Riesenspaß, zumal sie auch immer wieder weit aus dem Wasser sprangen. Beeindruckend war dann auch die Landung, denn mit den Zähnen wollte natürlich keiner Bekanntschaft machen...
Tigerzähne waren nicht ohne...Ein schönes Portät vom Fisch + Fänger....Buh - Ohr ab!
Tigerfische mögen auch große ErniesSchöne Fische!

Anglerische Tipps

Wer hier hinfliegt, hört und liest überall von Riesenfischen. Die sind offensichtlich mit der Wurfrute sehr schwer zu fangen. Nach diskreter Information unserer Guides beginnt die sinnvolle Wurfangelzeit frühestens Mitte April - besser Ende April. Ab Juni wird es am Lake Nasser brutal heiß und für uns schwer auszuhalten. Ein wichtiger Hinweis war auch, dass von Mitte April bis Mitte Mai die Fischer keine Netze auslegen dürfen. Die waren nämlich teils sehr lästig und haben neben dem anglerischen Vertrauen in viele Stellen auch wertvolle Köder gekostet.
Gummiköder mit viel Glitter darin, vor allem silber- und goldfarbige, ab und zu auch weiße bzw. braune Köder schienen besonders aussichtsreich zu sein. Um nicht endlos Köder zu brauchen, ist es sehr ratsam, eine Tube Gummifischkleber mitzunehmen, denn die fiesen Bufferfische warteten überall und bissen immer zu! Auch, wenn die Barsche noch häufig in der Tiefe unsichtbar lauerten, mit Freiwasserködern wie metallic-Wobblern war man sehr gut bedient. Die Barsche kamen auch einige Meter hoch ins Freiwasser geschossen. Der Ernie von Muskie-Mania schien recht attraktiv zu sein. Auch einige Swimbaits von Spro, Castaic usw. brachten bei den Kollegen gute Bisse. Insgesamt hatten wir aber zu wenige Bisse, um wirklich gute Tipps geben zu können. Den ewigen Hinweis auf Rapala Super Shad Raps konnten wir nicht nachvollziehen. Ich meine, es sind nur ein oder 2 Barsche in der ganzen Woche darauf gefangen worden. Abends in der Dämmerung und danach war "Shad-Rap-Time" und dann möglichst fluofarbig wie z.B. Firetiger. Jedenfalls war der kleine Ernie in Verbindung mit den guten Wurfeigenschaften einer meiner erfolgreicheren Wobbler. Die Devise "Große Köder = große Fische" schien nur bedingt zu stimmen. Jedenfalls wurden teils auch sehr kleine Köder hart von größeren Fischen attackiert!
Wegen der vielen, teils sehr scharfkantigen Felsen sind recht starke, geflochtene Schnüre anzuraten. Sonst werden öfter die Schnüre am Felsen gekappt! Auch ein dickes, besonders abriebfestes Monofil als Vorfach war sinnvoll. Auch das war nach kurzen Drills häufig brutal aufgerauht und wir fragten uns immer wieder, wie das wohl mit einem der legendären Monsterbarsche gewesen wäre....


Mein Fazit

Diese Reise war sehr schön, weil wir eine sehr gute Truppe waren und schnell andere Ziele und Reize fanden, als ursprünglich geplant.
Tolle Morgenstimmung in der Wüste!Schuld am schlechten Fangergebnis?
Ich empfand es als sehr angenehm, eine Woche ohne Handy und Funkkontakt am A. der Welt zu verbringen (so fühlte man sich hier wirklich!). Für mich war es interessant, den weltbekannten Stausee kennen zu lernen und auch die Tour über den See in den patenten Böötchen war komfortabler als es anfangs schien. Wir schliefen blendend und wurden erst morgens dann vom Gebet unserer Guides und Köche geweckt – zugegeben aber etwas zur früh! Die Monsterkrokodile, die es am See geben sollte, haben wir leider nicht gesehen. Sie werden wohl stark bejejagt und sind sehr scheu. Zwei kleine Krokodile haben wir dann aber doch kurz vor Tourende vor die Linse bekommen. Eine Gans, die abends durch unsere ruhige Bucht schwamm, wurde auch von einem nicht erkennbaren Ungeheuer angegriffen. Wels, Barsch oder Krokodil waren die vermuteten Übeltäter...

Ein Kroko blieb für uns am Ufer liegen...... bis wir zu nahe kamen!
Die Mahlzeiten waren etwas schmal bemessen und wir haben diese wiederholt mit frischem Angelfisch aufgefrischt. Wie wir im Nachhinein erfahren mußten, hatte die Krise nach der Revolution wohl auch hier Sparzwänge auferlegt - ebenso wie die eigentlich ganz anders geplante Route der Tour. Ein Festmahl war die Billigsalami, die Torsten eigentlich für die riesigen Welse als Köder mitgebracht hatte. Unter gewissen Umständen sind Winzigkeiten ganz groß! Horst Hennings war aber ganz groß! Allein seine Anwesenheit war die Mitfahrt wert. Die Angeltage konnten noch so frustrierend sein – Horst erzählte jeden Abend geniale Aal- und Meerforellenabenteuer und andere Anekdoten. Wir haben herzlich gelacht und viel Spaß gehabt. Einen Querulanten, der unter solch´ schwierigen Umständen die Stimmung schnell gekippt hätte, hatten wir zum Glück nicht dabei. Der Galgenhumor mit der allabendlichen Besprechung, was wir in die Schadensersatzklage hineinschreiben hielt alle humorvoll bei Laune. Natürlich erhoffen wir uns durch die vielen nicht erbrachten Leistungen einen Ausgleich vom Veranstalter. Er hat als seriöser Anbieter schon entsprechende Reaktionen angekündigt. Wir sind sehr gespannt auf das, was nachkommt!

Aus dieser Erfahrung haben wir natürlich gelernt, die Erwartungen bei Trips in neue Gebiete eher gedämpft zu halten und erst einmal sehr gründlich zu recherchieren. Sven hatte schon vor der Reise begonnen und mit seinen Prognosen leider mehr als Recht behalten.
Sven behielt Recht!
Ein Wiederkommen haben wir trotz des anglerisch schmalen Ergebnisses aber nicht ausgeschlossen, denn wir waren uns einig: "Wären ein paar dicke Barsche gekommen, hätte die Tour phantastisch werden können!" So blieb es bei lustigen Erlebnissen und sehr netten, neuen zwischenmenschlichen Kontakten mit einem beeindruckenden Naturerlebnis in der "nassen Wüste"...