Vertikalangeln auf Zander Drucken
Geschrieben von: Bertus Rozemeijer   

Bertus Rozemeijer mit VertikalzanderVertikal auf Zander zu angeln ist immer noch für viele Angler recht neu! Bei uns in Holland begann ich mit dieser ausgezeichneten Angeltechnik bereits in der Mitte der 80er Jahre. Natürlich begann in dieser Zeit vieles mit Improvisationen, denn der Markt kannte diese Angeltechnik noch gar nicht!

Vertikalangeln ist erfolgreichJa, natürlich hatte ich ein Echolot, aber das war auch schon alles an Elektronik an Bord! Später kaufte ich mir dann einen Elektromotor zum Backtrollen. Na, das war noch eine Maschine, die ein echter Stromfresser war. Innerhalb kürzester Zeit waren die Batterien leer-gesaugt! Oh ja natürlich hatte ich eine ordentliche Arbeitsbatterie angeschlossen, die für „viele Stunden“ brauchbar sein sollte, aber sie tat es nicht! Meine einzige Chance auf einen ganzen, guten Angeltag war das Driften und ich nutzte den Motor lediglich, um die Drift des Bootes zu korrigieren. Heute nennen das einige „schlechtes Angeln“ und sagen „miese Ergebnisse“ voraus. Weit gefehlt, denn um ganz ehrlich zu sein, bis heute ist es meine Top-Methode um Zander gut und gezielt zu beangeln!

Als alles begann…

Bin ich der Erfinder des Vertikalangelns? Ich werde das immer wieder gefragt und muss sagen, ich habe keine Ahnung. Was ich dazu sagen kann: Schon seit langer Zeit las ich die amerikanische Fachzeitschrift In-Fisherman, die sich häufig mit Zanderfangtechniken beschäftigte, derartiges Angeln aber nie thematisierte. Meine erste richtig schöne Erfahrung mit dieser Technik war eine Anfrage von Jan Eggers, der mich damals um Unterstützung bei einer italienischen Fernsehaufzeichnung bat. Wir sollten zeigen, wie Holländer Zander fangen. Präsentationsort war ein großer See nahe Amsterdam – berühmt für seine tollen Zander. Jan fischte ganz im alten Stil mit Pose und Köderfisch auf Zander. Einige bekannte Lokalangler dämpften aber schon die Erwartungen. Es biss offensichtlich schlecht und wenn überhaupt im tiefen Wasser. Ich fühlte mich da etwas überflüssig und begab mich schnell außer Sichtweite der Kamera. Jan fing … NICHTS, aber ich kannte das schon von Jan, wenn es auf große Wasserflächen und tief-stehende Fische ging. Ich begann, etwas vertikal zu jiggen, (fast) senkrecht unter dem Boot und bekam sofort einen Biss. Ich war noch ganz erschrocken und konnte es kaum glauben, als es schon den nächsten Biss und schließlich auch den ersten Zander gab. Etliche weitere folgten…

Bertus hat die Vertikalangelei in Europa erfundenZu Hause erzählte ich meinen Freunden von diesem "vertikalen Erfolgserlebnis" und schon eine Woche später ging es wieder los zwecks Vertiefung der ersten Erkenntnisse! Ich konnte bei dieser Tour gleich 20 Zander landen. Wohlgemerkt in einem Wasser, das sonst mit 5 Zandern am Tag jeden Angler glücklich machte. Natürlich brach bei uns Jagdfieber aus und wir probierten diese neue Methode wo immer es irgendwie sinnvoll erschien.

Anlaufschwierigkeiten

Angelfreunde wie Henk Russman, Stephen Jansen und andere (alle sind heute anerkannt sehr gute Kunstköder-Angler und recht bekannt in der Szene!). Es schien egal zu sein, wo wir vertikal angeln gingen – der Erfolg stellte sich quasi überall recht schnell ein! Natürlich galt es zu dieser Zeit, die Technik zu verfeinern und wir mussten vieles ausprobieren und erlernen. Unsere Ruten waren gelinde gesagt „suboptimal“. Schnelle, kurze und parabolische Ruten schienen optimal zu sein, gab es aber nicht! Auch gab es zu dieser Zeit nur Nylon-Schnüre. Glauben Sie mir, wenn man damit 10 Meter tief fischt, gibt es verdammt viel Dehnung in der Schnur, die man so gar nicht haben möchte. Der Köderkontakt und das Gefühl für das, was am und mit dem Köder passierte, waren grottenschlecht. Später war ich dann einer der Glücklichen, die die ersten Dyneema-Schnüre ausprobieren durften. Diese Wunderschnüre brachten dann plötzlich ungekannten Kontakt und knallharte Bisse! Endlich konnte ich sehr genau fühlen, wie auch vorsichtige Zander am Köder nibbelten und das Vertikal-Angeln erfuhr eine sensationelle Verbesserung!

Die ersten Lösungen kamen schnell

Bertus Rozemeijer ist der Meister der Vertikalangelei!Köder waren zu dieser Zeit ein großes Problem. Im Vergleich zu heute gab es nämlich nur sehr wenige Gummiköder und die meisten waren wenig geeignet. Erst, nachdem ich erste Berichte übe diese neue Angelmethode veröffentlichte, änderte sich das schnell. Der Markt folgte bald dem Bedarf! Sehen Sie mal heute in die Köderboxen der Angler – ein Paradies im Vergleich zu damals! Auch das Rutenproblem lösten wir schnell: Damals war ich noch Shimano-Consultant und entwickelte eine schöne Serie Angelruten speziell für unsere Angeltechnik. Noch besser wurde es, als ich für Henk Bruins und Ultimate mit der Produktentwicklung begann. Ich konnte meine eigene Reihe an Ködern und Jigruten entwickeln. Und das Problem mit den E-Motoren? Auch das wurde gelöst. Heute werden von MinnKota und MotorGuide tolle Maschinen gebaut, die unseren Ansprüchen genügen.

Trotzdem bin ich noch immer Driftangler! Einige nennen diese Methode nicht Vertikal-Angeln, sondern „Diagonal-Jigging“, für mich zählt es aber auch zum Vertikalangeln! OK, der Köder ist nicht immer senkrecht unter dem Boot, aber im Prinzip präsentiert man seine Köder gleich! Diese Drift-Methode funktioniert nur dann nicht, wenn es absolut keinen Wind gibt, aber wie viele solche Tage haben wir? Eine leichte Brise geht doch immer und die reicht schon, um das Boot langsam und somit ideal über das Wasser zu schieben! Lasst uns mal ansehen, was man beim erfolgreichen Driften bzw. Vertikal-Angeln beachten und verfügbar haben sollte. Zunächst einmal brauchen wir ein Boot und ein Hilfsmittel, um die Drift zu kontrollieren (Motor oder Driftanker). Ich denke, die meisten wissen bereits, dass dies die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Angeltag ist! Das Boot sollte unbedingt langsam über das Wasser driften. Wenn es das nicht tut, kommt ein Hilfsmittel zum Einsatz, um die Drift zu verzögern und zu korrigieren. Boote mit tiefem Kiel driften allein schon schön langsam. Außerdem richten sie sich schön quer in die Drift aus und geben so eine perfekte Richtung vor. Zu zweit kann man dann besonders gut Fläche absuchen. Der tiefe Kiel dient gleichzeitig als „Bremse“. Andere Bootskiele benötigen zusätzliche Bremshilfen wie Driftsäcke oder im einfachsten Falle zwei Eimer am Bug und Heck. Auch das funktioniert recht gut!

Die Wahl der Angelrute

Die Wahl und die Haltung der Angelrute ist wichtigWir sollten auch über die Rute sprechen – oder sollte ich besser Ruten sagen? Ich habe jetzt mehrere Ruten für unterschiedliche Zwecke im Einsatz. Meine gängigste Vertikal-Angelrute ist um die 1,90 m lang. Sie hat eine parabolische Aktion und ist sensible wie ein offener Nerv! Mit ihr sollte man auch die leichtesten Bewegungen spüren, die man mit dem Köder erzeugt. Das sollte man mit gutem Köderkontakt spüren um auch mehr Vertrauen zu bekommen und damit auch die Fänge zu verbessern.

Zum Driftangeln und, sagen wir in Tiefen nicht tiefer als 7 Meter, ist das eine perfekte Rute!Für tiefere Gewässerbereiche werden längere Ruten besser geeignet sein. Wenn die Angelrute sonst die gleichen Eigenschaften behält, ist sie optimal für diesen Einsatz und erlaubt obendrein bessere Köderkontrolle. Wenn für den erst-beschriebenen Einsatzfall oft Jigköpfe von 14-17 Gramm ausreichend sind, müssen diese für tieferes Wasser und die Driftangelei häufig schwerer ausgewählt werden. Jigs mit 20 - 35 Gramm Gewicht sollten dann unsere bevorzugten Partner sein! Die Kombination aus einer lang abgelassenen Angelschnur mit größeren Tiefen macht die gute Köderkontrolle schwierig. Lange Ruten sind jetzt unumgänglich! Ich benutze dann 2,10 m Ruten und teils sogar 2,40er Längen um genügend Kontrolle über die Angelschnur und den Köder zu behalten.

Geflochtene Schnüre

Gute Schnüre bringen viel FischWissen wir alle die Vorzüge geflochtener Schnüre wirklich zu schätzen? Natürlich gibt es auch Nachteile, aber für unseren geplanten Einsatz sind sie ein absolutes MUSS – unabhängig vom Rollentyp, den wir benutzen. Die verwendeten Schnüre sollten einen sehr feinen Durchmesser haben! Ich würde sagen, dass 0,10 – 0,14 mm optimal sind. Man sollte immer im Hinterkopf haben, dass stärkere Schnüre den Wasserdruck auf die Schnur erheblich erhöhen. Je größer der Durchmesser, desto schwieriger wird demnach auch der Kontakt zum Köder zu halten sein. Grundkontakt ist fast unmöglich, aber zwingend notwendig, um erfolgreich zu sein!

Es stellt sich für viele auch die Frage, ob eine Multirolle oder Stationärrolle besser ist. Beide funktionieren und für beide gibt es Pros und Contras und es ist eine persönliche Entscheidung. Ich selbst ziehe Multirollen vor. Die wichtigsten Gründe dafür sind Schnüre, die selten verdrehen. Das kommt häufiger mit normalen Stationärrollen vor! Ohne es zu bemerken wickelt man lose Schnur schnell mal auf die Außenkante der Spule. Der zweite Grund: Wir fischen mit feiner Schnur und das stete Auf und Ab beschädigt schnell die Schnur. Das passiert mit Multis nicht! Multis geben und nehmen Schnur ohne Drall und Knoten und halten die Schnur Frisch und gesund wie einen Fisch im Wasser! Das wichtigste Plus ist der Daumen auf der Schnur. Man sollte die Schnur gut fühlen und kontrollieren. Schnurauslöser und Kontakt zum Grund liegen best-möglich dicht beieinander und erlauben schnelles reagieren auch bei stetem Tiefenwechsel.

Aber laufen Sie jetzt nicht gleich zum nächsten Angelladen, denn es gibt auch Nachteile, die wir besprochen haben sollten! Als erstes ist die Balance der Kombo zu nennen. Mit einer Stationärrolle liegt das Ganze viel besser in der Hand. Der zweite, sehr wichtige Grund ist die größere Schnelligkeit einer Stationärrolle. Ich gebe gerne zu , dass ich immer wieder Fische verliere, weil meine Multirolle zu langsam Schnur aufwickelt und ich wegen fehlendem Kontakt zum gehakten Fisch den einen oder anderen aushake! Vor allem die ersten Momente nach dem Biss muss die Schnur gut gestrafft gehalten werden und das klappt mit einer schnellen Stationärrolle deutlich besser!


 

Die Köderwahl

bertus Favoritenfarbe ist MotoroilVerwirrend? Ich hoffe nicht! Verwirrend wird es jetzt aber vielleicht. Eine ordentliche Köderauswahl ist schwer zusammenzustellen. Gehen Sie einfach mal ins Internet und sehen Sie die Vielzahl der angebotenen Gummi- bzw. „Vertikal-Köder“.

Diese Angebote sind so gewaltig, weil die Angler kein Vertrauen zu sich selbst haben. Ich habe sicherlich genügend Köder und ich bin mit einer kleinen Auswahl sehr erfolgreich! Zunächst sollten wir über die Bleiköpfe sprechen. Wählen Sie nur so – genannte Erie- oder Footballjigs aus! Sie sind ideal in der Balance und erlauben eine bessere Präsentation als normal Rundköpfe. Wussten Sie, dass die speziell für die Eisangelei konzipiert wurden. Für unseren Einsatzzweck sind sie weniger geeignet. Unser ausgewählter Gummiköder sollte einen weichen Körper und ein schlankes Profil besitzen. Damit halten Sie besseren Grundkontakt. Ein kleiner Schaufelschwanz ist OK, aber ich bevorzuge einen schlanken, Bleistift- artigen „Pin“ am Ende. Diese Köder sollten dann auch nicht zu weich sein.

Nein, Mr. Bean war noch nicht bei mir!Manchmal sind Gummiköder nur unwesentlich fester als Wasser. Die sind natürlich schön beweglich, aber nach einem Fisch brauchen wir bereits einen neuen Köder. Mein Freund Stephen nennt sie deshalb auch „einmal-Willis“! Tatsächlich reichen sie öfter nicht für mehr.

Ein bisschen mehr Festigkeit ist deshalb von großem Vorteil, vor allem, wenn die Zander gut beißen und die Köder ziemlich aggressiv attackieren. Ich denke, die Problematik mit der Form können Sie jetzt auch etwas nachvollziehen. Bleibt noch die Frage nach der richtigen Farbe. Zander-Gewässer sind oft nicht sonderlich klar, etwas angetrübt oder sogar suppig. Viele Angler schwören in solchen Situationen auf Köder, die so hell wie nur eben möglich sind, aber das ist nicht so. Meine Köder sind häßlich und dunkel. Ich benutze eine Menge braun, meistens die sogenannte Farbe „Motoröl“, die etwas fluoreszierend ist und somit sehr gut auch in tieferem Wasser sichtbar ist. Grüntöne wie chartreuse funktionieren recht gut, aber ich fühle mich damit im Sommer wohler. Warmes Wasser und warme Farben scheinen häufig zusammen zu passen. Probieren Sie dann Gelbtöne und Orange auch aus! In kaltem Wasser bevorzuge ich kalte Farben wie silber und blau, weiß und pink, transparent mit silber-Flocken usw.

Die Präsentation

Gut präsentiert!Kommen wir zur Präsentation. Keine Angst, die ist gar nicht schwierig! Mit normalem Jiggen halten Sie die Rute sehr niedrig. Aus dem Handgelenk heraus machen Sie eine schnelle Bewegung aufwärts – 20 – 50 cm ungefähr. Halten Sie den Köder dort einige Sekunden, bevor Sie den Köder an straffer Schnur langsam wieder zum Boden sinken lassen. Auf Entfernung funktioniert das nicht, wenn je nach Entfernung zwischen Ihnen und dem Köder, dem Winkel in der Schnur und der Driftgeschwindigkeit nicht alles stimmt. Halten Sie die Rute in der Startposition (ca. 10 Uhr –Stellung). Wenn Sie den Grund spüren, heben Sie die Rute aus dem Handgelenk in einer schnellen Bewegung bis ca. in die 11-Uhr –Position. Halten Sie den Köder kurz oben und lassen ihn dann wieder langsam zum Grund hinab. Es kommt vor, dass Sie den Grund dann nicht gleich wieder spüren. Das kommt vor allem dann vor, wenn man noch Schnur nachläßt, obwohl der Köder ungespürt bereits auf dem Grund aufgekommen ist. Wenn Sie immer wieder den Grundkontakt verlieren, sollten Sie ein schwereres Gewicht montieren. Anstatt 20 Gramm können dann ruhig einmal 30 Gramm angehängt werden. Sie werden staunen, wie viel das ausmacht! Beim Driften ist man zeitweise gezwungen, hier und da etwas Schnur nachzugeben, um den Grundkontakt wieder herzustellen. Das kann an Tiefenänderungen liegen, einer erhöhten Driftgeschwindigkeit durch eine Windböe usw…

Wenn Sie viel Schnur ausgelassen haben, ist es besser, diese wieder einzuziehen und den Köder neu abzulassen. Das erhöht die Köderkontrolle und mit Sicherheit sind das keine gute Nachrichten für die wartenden Zander. Ich bin sicher, wenn Sie sich diese Tipps verinnerlichen, werden Sie ein neues, riesiges Betätigungsfeld in der Raubfischangelei gefunden haben.

Er hat Sie immer im Blick!Ich wünsche sehr viel Spaß beim Ausprobieren!