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Farben unter Wasser Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uli Beyer   

Was sieht der Fisch?Was können Fische unter Wasser eigentlich sehen? Können sie Farben erkennen? Funktioniert Farbsehen unter Wasser überhaupt? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen Angler seit Jahrzehnten und natürlich auch mich! Ich habe in diesem Erfahrungsbericht so ausführlich wie noch nie zuvor meine Erkenntnisse für Euch aufgeschlüsselt...

  




Seit einigen Jahren ist die Farbenlehre unter Wasser zu einem zweiten Hobby für mich geworden. Je tiefer man in diese faszinierende Materie eintaucht, desto mehr wird man von ihr verschlungen! Kein Wunder, dass sich so viele Angler mit Köderfarben beschäftigen. Aber bestimmt werden auch viele jetzt denken: „Schon wieder einer, der sich daran versucht.“ Ja, aber ich verspreche Euch: Es gibt viele Aha-Erlebnisse!






Lichtwellen unter Wasser
Alles begann vor vielen Jahren, als ich mich mit Lichtabsorptionen in destilliertem Wasser beschäftigte. Viele von Euch haben bestimmt schon in dem einen oder anderen Vortrag von mir meine Hinweise dazu verfolgt. Die einzelnen Farben gehen, je nach Wellenlänge des Lichts, mit zunehmender Tiefe verloren. Zunächst verschwindet Rot, dann Orange. Gelb, Grün und Blau bzw. Violett bzw. Ultra-Violett sind die Lichtwellen mit besonders viel Energie. Deshalb sind es die Farben, die es ohne Behinderung am weitesten in die Tiefe bzw. am weitesten quer durch´s Wasser schaffen. Die Übertragung dieser Erkenntnis auf das Angeln und den Einsatz unterschiedlicher Köderfarben gab mir aber immer wieder Rätsel auf. Das extrem gute Beißen von Boddenhechten früh morgens auf Fluo-Pink beispielsweise passte überhaupt nicht in dieses theoretische Schema. Die Fische bissen auf Farben, die sie eigentlich nur schlecht oder gar nicht hätten sehen dürfen.



Es war wohl der Anstoß von Prof. Dr. Karl-Otto Rothaupt vom limnologischen Instituts der Uni Konstanz, der mich auf die richtige Spur brachte. Er bestätigte meine Köderempfehlungen für grüne und gelbe Köder und lieferte gleich die Erklärung mit: „Unsere Gewässer bestehen nicht aus destilliertem Wasser, sondern aus Wasser mit vielen organischen und anorganischen Schwebstoffen in unterschiedlicher Zusammensetzung. Alle diese Stoffe wirken wie ein Farbfilter des Fotoapparates und nach unseren wissenschaftlichen Untersuchungen sind viele Gewässertypen in Deutschland besonders günstig für die Wellenlängen im grünen und gelben Farbbereich durchlässig!“

Ich wusste also schon einmal, dass Grün und Gelb „oft gut“ als Köderfarben sind. Ich wusste aber auch, dass blaues bzw. violettes Licht besonders energiereich ist und deshalb im klareren Wasser besonders tief eindringt.

Ein spannender Ausflug mit UVA-Licht
Violett, ultraviolettes Licht – da war doch noch etwas!? Dieses Licht erzeugt doch tolle Effekte mit fluoreszierenden Farben. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Endlich waren scheinbare Widersprüche ganz einfach erklärt: Das schnell verschwindende Rot, das dennoch gerne von den Fischen genommen wurde. Das eigentlich schon unsichtbaren Orange, das wundersam erfolgreich war. Und die Boddenhechte mit ihrem wilden Beißen auf Pink am frühen Morgen. Alle diese Erfolgsfarben hatten eines gemeinsam: Es waren keine normalen, sondern fluoreszierende Farben!

Fortan rannte ich zur Belustigung meiner Mitarbeiter mit einer Schwarzlichtlampe durch den Angelladen und „lokalisierte“ fluoreszierende Köder in unseren Regalen. „Da, das gibt´s doch gar nicht!“ Ich hatte einen unscheinbaren, hässlichen, dunkelbraunen Köder als Superfarbe identifiziert. „Motoroil“, das ist in Amerika eine äußerst beliebte Farbe, und auch bei uns hat sich diese Köderfarbe einen besonderen Namen in unseren großen Flüssen und auch in den trüberen Bodden gemacht. Achtet unbedingt darauf, "echtes" (fluoresziendes!) Motoroil zu bekommen, wenn Ihr diese Farbe sucht. Es gibt auch Shads, die annähernd gleich aussehen und total unterschiedlich sind! Für alle, die jetzt panisch nach "Motoroil-Ködern" suchen: Ich habe Slottershads in Motoroil in Auftrag gegeben und sie werden demnächst erhältlich sein. Auch in großen Größen! Mehr dazu später...

Bisher schien es ja logisch, dass man helle, schockige Köder im trüberen Wasser einsetzt, um eine gewisse Sichtbarkeit zu bewirken. Aber Motoroil? Meine Schwarzlichtlampe ließ diese bei Tageslicht unauffällige Farbe hell aufleuchten! Genauso war´s mit japanrot – endlich konnte ich die Geheimnisse der Köderfarben zumindest etwas lüften.

Wirkung von Fluoreszenz

Befassen wir uns kurz mit dem Phänomen Fluoreszenz. Dafür muss man die "Funktion" von Licht verstehen: Bei einer normalen blauen Farbe z.B. wird nur der blaue Wellenlängenbereich reflektiert, alle anderen Lichtwellen werden auf diesem Körper absorbiert und unsichtbar. Ein weiß angestrahlter blauer Körper erscheint somit genauso blau wie ein nur von blauem Licht angestrahlter blauer Körper.

Fluoreszenz ist ein anderes, äußerst spannendes Farb-Phänomen. Fällt Licht auf eine Fluo-Farbe, so beginnen auch hier Elektronen zu schwingen und unsere Farbe leuchtet - allerdings anders. UVA-Licht ist für uns unsichtbar, macht aber fluoreszierende Farben leuchtend sichtbar in ihren eigentlichen Farben! Der große Unterschied der Fluoreszenz gegenüber normalen Farben besteht also in ihrem „Leuchteffekt“, der aus unsichtbarem Licht sichtbares werden läßt. Bitte verwechselt diesen Effekt aber nicht mit Phosphoreszenz. Bei phosphoreszierenden Ködern leuchtet der Köder länger, auch nachdem die Strahlquelle erloschen ist. Der Köder leuchtet nach. Er speichert quasi die Lichtenergie für eine Weile. Bei Fluoresezenz ist sofort nichts mehr zu sehen, wenn das Licht nicht mehr auf den Köder fällt!

Um Euch das einmal genauer darzustellen, habe ich 3 verschiedene Köder fotografiert:
Köder bei Normallicht


Hier seht Ihr die 3 Köder im Normallicht. Die eigentliche Farbe ist unbedeutend - es kommt auf den physikalischen Effekt im jeweiligen Licht an!













Unter UVA-Licht
Unter UVA-Licht bemerkt man schon, dass etwas "passiert" - die Köder beginnen zu leuchten, aber...













ohne Fremdlicht nach dem Beleuchten
... wenn das Licht ausgeschaltet wird, leuchtet nur noch ein Köder - der phosphoreszierende! Das kann vielen Fischen im Süßwasser zu hell sein, wenn es in der Tiefe sehr dunkel wird. Dort, wo UVA-Licht in die Tiefe dringt, sind Fluoreszierende Farben besser! Das grelle Leuchten des phosphoreszierenden Köders kann auch als Warnung verstanden werden: Zu unnatürliches Leuchten kann den Fisch auch abschrecken! Ich habe die besten Erfahrungen mit Phosphoreszenz in Momenten gemacht, in denen es die meisten Angler gar nicht erwarten: Strahlender Sonnenschein und recht trübes Wasser!







Fluoreszierende Farben beginnen unter UVA-Licht deutlich heller zu leuchten. In der sonst eher dunklen Unterwasserwelt, vor allem in den Dämmerungsphasen eines Tages und in großen Tiefen, macht diese Eigenschaft einen Fluo-Köder besonders fängig, weil er sich deutlicher als alle anderen Köder vom Hintergrund abhebt. Er erzeugt somit mehr Aufmerksamkeit als andere Köder. Wenn im Dunkeln alle Katzen grau sind und eine farblich auffällt, welche Katze erweckt dann die größte Aufmerksamkeit? Ich glaube, die Fische nehmen einen auffälligen Köder genauso bevorzugt wahr wie wir eine bunte unter grauen Katzen.

Super-Zander mit Slottie S Flusskönig
Dieser Zander war wohl kein Zufallsfang! Uli guidete Marco mit einem Slottie S Flusskönig zu einem Personal Best...








Mit einer UVA-Lampe können wir Fluo-Farben ganz einfach ermitteln und gleichzeitig die optimale Köderfarbe für unsere Angelsituation vorherbestimmen. Jeder Wasserkörper hat seine eigene, charakteristische Farbe von Tiefblau über Grün bis Bräunlich gibt es alle möglichen Wasserfarben. Die charakteristische Wasserfarbe verrät uns, welcher Wellenlängenbereich das Wasser besonders gut durchdringt und wir brauchen nur noch eine Fluo-Farbe mit etwas kürzerer Wellenlänge als die Wasserfarbe auszuwählen.

Köder bei Tageslicht
Um Euch die Effekte noch einmal vor Augen zu führen, habe ich eine ganze Menge verschiedenster Gufis auf ein Brett gehängt. Dieses Foto zeigt die Gufis bei Normallicht. Achtet auf die verschiedensten rot- und orange-Töne. Unten links hängt auch einer der geheimnisvollen "motoroil-Köder", die komischerweise immer gut im Trüben bzw. dunklen Wasser fangen!









Köder im UVA-Licht


Die Erklärung liefert ein Bestrahlen dieser Köder mit UVA-Licht. Ihr seht schon, dass ich von oben nach unten die Köder nach Helligkeit "sortiert" habe. Oben, blau leuchtend, findet Ihr die besseren Klarwasser- bzw. Flachwasser-Farben. Nach unten sind die Köder immer besser für Dunkelheit, trübes und tiefes Wasser geeiignet. So betrachtet sind die Effekte eigentlich ganz logisch - oder?!? 










Fluo-Orange als tolle Schwedenfarbe
Dieser Tolle Hecht biss nach "theoretischen Überlegungen". Es war der Einlaufbereich der "Old Bay" in Schweden. Sehr trübes Flusswasser ließ die Sicht im Wasser auf ca. 0,5 Meter absinken. Herkömmliche Köderfarben versagten völlig! Es stellte sich heraus, dass in diesem Gewässerabschnitt die Hechte regelrecht auf Orange "flogen". Wahrscheinlich war es die optimal sichtbare Farbe für die Räuber - vielleicht aber auch nur die unter diesen Umständen attraktivste Farbe. Jedenfalls hat die Theorie hier funktioniert. Jörg, der mit mir im Boot war, geriet in Panik - er hatte nichts Orange-farbiges mit dabei. Es war ein super-fluoreszierender Shad von Action Plastics. Ich hatte auch keine 2. Köder, denn der hier gefischte Köder hing kurz zuvor noch am Fotobrett, das ich oben fotografiert hatte. Ist ja auch nicht normal, mit Orange nach Schweden zu fahren...


In einem grün schimmernden See macht es also wenig Sinn, einen fluo-blauen Köder auszuwählen. Dafür fehlt das passende Licht, um den Köder leuchten zu lassen. Ein fluo-gelber Köder dagegen wird heller als alle anderen Farben leuchten. Wird das Wasser bräunlich, so wird Fluo-Orange wahrscheinlich ein echter Treffer sein. Und wir ahnen jetzt, warum auch ein „unnatürliches“ Fluo-Pink zu einem erstklassigen Fänger werden kann. Fluo-Pink liegt am äußeren Rand des langwelligen Lichts unseres Farbspektrums und ist oft sogar die einzig funktionierende Farbe, weil alles Licht mit kürzeren Wellen im Wasser bereits absorbiert wurde.

Fluo-pink fängt oft in der Morgendämmerung! 

Die Erfolge beweisen, dass die Physik im Wasser funktioniert! Hier war es ein Riesentwister in fluo-pink, die ich sehr gern für Hechte einsetze.







Tauchexperimente im Seewasser …

Natürlich kann man sich alles Wissen irgendwie auch theoretisch aneignen, aber Effekte direkt zu erkennen, ist immer noch eindrucksvoller. Deshalb hatte ich mir eine Köderpalette fertig gemacht, die ich mit in den Tauchurlaub nach Indonesien nahm. Dort lachte man nicht schlecht, als ich mit meinem „Aktenordner“, auf den ich fängige Gummiköder montiert hatte, mit auf Tauchtour nahm.

Die Ergebnisse waren aber recht beeindruckend, denn in der Tiefe veränderten sich die Farben teils erheblich. Vor allem die lange Stabilität der fluoreszierenden Farben fiel mir auf und bestätigte meine Zimmerexperimente. Sie bestätigten außerdem meine langjährige Präferenz für die Fluo-Farben in tiefem Wasser und bei wenig Lichteinfall. Fluoreszenz-Farben dienen sozusagen als sehr gute „Sichtverstärker“ unter schwierigen Bedingungen. Einige Großhändler machen sich diese Erkenntnisse jetzt geschäftlich zunutze und bieten spezielle Farbstifte usw. an, damit man seine Köder entsprechend "nachtunen" kann. Meiner Meinung nach ist das überflüssig, denn man kann seine Köder auch "unordentlich lagern". Wenn man feuergelbe, fluo-pinkfarbige oder fluo-grüne Köder mit z.B. weißen Ködern zusammenlegt, wandert die Fluo-Farbe innerhalb kürzester Zeit in den nicht fluoreszierenden Köder. Meine Guidingkunden haben sich schon immer gewundert, warum ich meine Köder alle so "lieblos" in einen Eimer sammle. Ihr könnt jetzt vielleicht nachvollziehen, dass das zum Trick gehört. Im Rhein häufig deutlich besser als "ladenfrische Gummiköder" ...

Fluofarbe ist top am MorgenAllerdings kann der Effekt mit viel UVA-Licht auch ins Gegenteil umschlagen. Wenn wir z.B. im Sommer in den Bodden Hechte angeln gehen, dann fangen wir ganz früh morgens recht gut auf Fluo-Pink. Später fangen für ein paar Stunden Feuergelb und Chartreuse-Glitter (beides auch Fluo-Farben) besser. Am späteren Vormittag funktionieren diese Farben häufig gar nicht mehr. Dann fangen plötzlich dezente, natürliche Farben, und je nach Wassertrübung auch dunkle Blautöne. Spät nachmittags kehrt sich die Reihenfolge dann wieder um, bis am Abend mit Pink der Angeltag wieder endet, wie er anfing.

Neben der Bewölkung beeinflussen auch der Sonnenstand und der Wind das Farbsehen erheblich. Je schräger das Sonnenlicht auf die Wasseroberfläche fällt, desto mehr Licht wird direkt an der Oberfläche reflektiert und desto dunkler wird es in der Tiefe. Je windiger es wird, desto mehr Licht fällt schräg auf die Oberfläche und wird reflektiert.

Was jeder Taucher aus klarem Wasser kennt: Ohne Taschenlampen bekommt die ganze Unterwasserwelt schnell einen Grün- oder Blau-Stich. Das sind die sichersten Hinweise dafür, dass diese Farben in größere Tiefen besonders gut vordringen und deshalb als Köderfarbe auch deutlich besser gesehen werden.

Bei den Sichtexperimenten in unterschiedlichen Wassertiefen fallen gravierende Unterschiede zwischen fluoreszierenden und normalen Farben auf. Fluo-Farben bleiben auch in 30 Metern erhalten, wogegen normale Rot- und Orange-Töne sehr schnell verschwinden.

Tauchbilder ausGufis in Normalfarbe dem Meer

Zunächst blitzte ich meine Gummipalette, so dass alle Farben schön ordentlich sichtbar werden. Es erscheinen verschiedene Rot-, Orange-, Gelb-, Grün-, und Blautöne. Dann ging es ab in die Tiefe - ohne Fremdlicht! Die Veränderung der Farben war schon erstaunlich...














10 m Licht
Schon in 10 Metern Tiefe begannen etliche Farben zu verschwinden. Achtet einmal auf den Rücken des Slotties oben rechts! Das Rot war schon in ein dunkles Braun abgeändert. Das Rot bei dem 4. Shad von unten links ist auch schon völlig weg. Orange ist nicht gleich Orange. Achtet mal auf den 3. und 4. Shad von oben links! Das Fluo-Orange im dritten Shad leuchtet noch immer teuflisch - der organene Streifen auf dem Renosky-Shad ist nicht fluo und völlig verschwunden. Auch "normale Farben" wie z.B. der grüne Rücken vom 2. Shad oben links bleicht mächtig aus...











Licht bei 20 Metern
20 Meter Wassertiefe! Ein Tauchgang in die Tiefe scheint das zu tun, was ordentliche Hausfrauen beim Waschen in den Wahnsinn treibt: Die Farben bleichen völlig aus - einige sind völlig verschwunden. Andere hingegen sind noch voll da! Einige noch etwas. Ihr könnt Euch schon denken, woran das doch wohl liegen mag?!?














30 Meter Wassertiefe - wenig Licht
30 Meter Wassertiefe - tiefer durfte ich nicht! Das Spielchen könnte man so munter weiter treiben. Hier seht Ihr die Farben, wie ich sie in 30 Metern Tiefe wahrgenommen und fotografiert habe. Einige Farben sind bläulich- grüne Soße, andere sind noch recht gut erkennbar, einige sogar noch nahezu unverändert. Das sind natürlich immer die fluoreszierenden Farben! Deshalb sind Taucheranzüge auch meist mit Fluofarbigen Streifen beklebt. Unser und das Zanderauge reagieren wohl auf Gelbtöne besonders gut. Daher wird diese Farbe auf Taucheranzügen und in Gummifischen besonders häufig verwendet...











Besonders spannend finde ich, dass viele Farben einfach schwarz oder „hell-farblos“ werden, während einige normale und alle Fluo-Farben ihre Erscheinung über größere Distanzen fast gar nicht verlieren.

Unter Wasser am Möhnesee und in der Ruhr...
Die Experimente im Meer wiederholte ich dann in Süßwasser, wo die Sichtbedingungen deutlich schlechter sind. Alles, was sich farblich auf dutzenden von Metern im Meer abspielt, passiert anders und in der Regel viel flacher im Süßwasser.  Fast immer ist das Süßwasser durch verschiedenste Schwebstoffe wesentlich trüber als Meerwasser. Mit den Trübstoffen ist der Farbfilter stärker und die Sicht für unsere Räuber schlechter. Noch wichtiger: Die Farben verschwinden nicht in der Reihenfolge wie im Meer bzw. destillierten Wasser. Je nach Zusammensetzung der Trübstoffe kann das völlig anders aussehen!

In sehr klarem Wasser verschwinden die Farben ähnlich wie im Meerwasser: Zuerst Rot, dann Orange, anschließend Grün, Blau und Violett. Im Süßwasser sind vornehmlich im Wasser schwimmende Tierchen und Algen – das sogenannte Phytoplankton und andere Schwebstoffe – für eine häufig völlig andere Farbdurchlässigkeit verantwortlich. Durch die im Wasser befindlichen Schwebstoffe entsteht ein Licht-Filtereffekt wie beim Fotografieren mit Farbfilter mit Grün- oder Gelbfilter, so dass in der Regel nicht Blau besonders tief ins Wasser eindringt, sondern Grün und Gelb. Das gilt für die Sommerzeit, wenn diese organischen Stoffe stark im Wasser vertreten sind. Sterben die ab, werden andere Farben wieder interessant: Rot, organge usw. Deshalb ist von Herbst bis Mai häufig Rot bzw. Orange und Pink eine Top-Farbe und fängt extrem viel besser als andere Farben. Nicht, dass die Räuber die anderen Farben dann nicht sehen, aber sie lieben diese rötlichen Töne, wenn sie sichtbar sind!


orange fängt im Winter häufig superDieser Hecht biss auf einen fluo-orangefarbigen Shad von Action Plastics. Es war sensationell, wie im Dezember die Hechte genau auf diesen Köder flogen und auch viele andere Kunden konnten ähnliche Effekte in kälterem Wasser feststellen. So gab es auch einmal extreme Engpässe mit fluo-orangenen Salmo - Slidern RT, auf die sich die Räuber stürzten. Das Licht wird übrigens nicht nur in der Tiefe, also vertikal absorbiert wird, sondern auch horizontal. Ist ein roter Köder z.B. in einem Meter Wassertiefe noch als roter Köder erkennbar ist, wenn ich mich direkt vor ihm befinde, so ändert sich das, wenn ich mich von diesem Köder entferne. Aus Rot wird zunächst Rostbraun und schließlich Schwarz.

Einige Experten vermuten sogar, dass dieser horizontale Farbwechsel manchen Fisch, der aus der Entfernung angreift, abschrecken könnte. Bewiesen ist das aber nicht, und in der Regel sehen Süßwasserfische auch nur auf kurze Distanz. Kaum vorstellbar, aber die Wahrnehmung mit dem Fischauge findet in vielen heimischen Gewässern zwischen wenigen Zentimetern und meistens weniger als 3 Metern statt. Nicht zuletzt deshalb sind unsere Fische auch recht kurzsichtig und können auf Distanz überhaupt nicht scharf sehen.

Uli mit FarbscheibeMit meinen Erfahrungen aus dem Meer habe ich mir eine Farbscheibe erstellt mit „Tortenstücken“ in unterschiedlichen normalen und Fluo-Farben. Früher untersuchten wir durch das Herablassen eines hellen Körpers nur die Sichttiefe, um Köderfarben auszuwählen.















Viel informativer ist der Blick auf die abgesenkte Farbscheibe. Sehr schnell können wir so feststellen, welche Farben in der aktuellen Lichtsituation erkennbar sind. Und damit fällt die Farbwahl beim Köder deutlich leichter.

In der Ruhr sah das Ergebnis so aus:

Die Scheibe über Wasser
Dies ist die Scheibe ÜBER WASSER! Alle Farben sind schön deutlich erkennbar - im oberen Viertel sind die Fluo-Farben, im unteren Drittel die normalen Farben angeordnet. Dazwischen sind einige Standardfarben wie silber, gold, weiß und schwarz. 










In der Ruhr nur 1 Meter tief
Ich finde es erstaunlich wie extrem schnell die Farben sich im Ruhrwasser verändern. Schon in einem Meter Wassertiefe ist nichts, wie es war. Die ersten Farben "verwaschen"....











In der Ruhr 2 Meter tief...
Hättet Ihr erwartet, dass schon in 2 Metern Entfernung ein derartig krasser Farbschwund entsteht? Die Scheibe hat sich etwas gedreht - daher sind die Fluofarben jetzt im oberen rechten Viertel zu sehen. Im linken/unteren Bereich sind schon etliche Farben "abgewandert"....







Zum Vergleich einmal eine Tauchaktion am Möhnesee (im Oktober):

Die Scheibe in einem Meter Wassertiefe
Es fällt gleich auf, dass die Farben am Möhnesee stabiler als in der Ruhr sind! In einem Meter Wassertiefe ist nur ein leichter Farbschwund erkennbar!











Die Scheibe in 2 m Wassertiefe
In 2 Metern Wassertiefe beginnen die Farben zu verblassen. Fluo-Farben sind noch recht gut erkennbar, andere Farben verschwinden...











Die Scheibe in 3 m Wassertiefe
In 3 Metern Wassertiefe sind die Fluo-Farben noch recht gut erkenbar. Rot und Orange als Normalfarben sind annähernd verschwunden. Normales Gelb und Grün sind noch recht gut erkennbar.  












Die Scheibe in 4 m Wassertiefe
Jetzt kommen erstaunliche Unterschiede zutage: Das Wasser war schon kühl und offensichtlich sind deshalb die Fluo-Rötlichen Töne noch gut erkennbar. Aber auch Fluo-Grün und Gelb heben sich noch recht gut vom Hintergrund ab. Ansonsten sind eigentlich nur noch silber und weiß halbwegs gut erkennbar.









Was Fischaugen sehen können

Fischereibiologen haben festgestellt, dass Fischaugen in vielen Belangen unseren Augen sehr ähnlich sind. Die meisten Fische, die in flachen bis mäßig tiefen Gewässern vorkommen, haben ein ausgezeichnetes Farbsehvermögen, sofern ihr Lebensraum nicht dauerhaft aus Trübwasser besteht. Lediglich wenige Fischarten, die bevorzugt in sehr trübem Wasser vorkommen (z.B. der Wels), sind im Farbsehen eingeschränkt. Meeresräuber haben eine besonders gute Sehstärke im Blau-Grünbereich, weil im Meereswasser diese Lichtfarben die beste Durchdringung erzielen. Beim Zander sind die besonderen Sehstärken mehr im Grün-Gelbbereich zu finden. Sie reagieren aber auf alle Fluo-Farben ausgesprochen gut.

Besonders spannende Erkenntnisse gibt es von Lachsen, die im Meerwasser sehr gute Grün-Blau-Seher sind. Dieses Sehvermögen verändert sich jedoch bei der Wanderung in die Laichflüsse. Einige Tage nach dem Wechsel vom Meerwasser ins Süßwasser findet im Fischauge ein chemischer Prozess statt, der eine deutliche Seestärke im Pinkfarbigen Lichtspektrum aufkommen lässt. Wahrscheinlich liegt das daran, dass dann nicht der Nahrungserwerb, sondern das Laichgeschäft im Vordergrund steht. Und viele Lachse färben ihr Laichkleid auffällig rötlich-pink. Damit wird auch nachvollziehbar, warum diese Köderfarben so gut funktionieren. Die Bisse erfolgen dann aber eher aus Aggression gegen „Mitbewerber“ als aus Hunger und Beutetrieb.

Praxistipps für die Farbwahl:

1. Je klarer das Wasser und je mehr Licht vorhanden ist, desto mehr muss man mit verschiedenen Farben experimentieren. Der Fisch und die Lichtabsorption bestimmen, was gefällt. Beginnen Sie möglichst mit sehr dunklen Farben wie Violett, Dunkelblau und Schwarz bei starker Lichteinstrahlung.

2. Naturfarben, die den üblichen Beutefischen entsprechen, sind besonders im flachen Klarwasser eine sehr gute Wahl.

3. Je weniger Licht in die Tiefe fällt, desto kleiner wird die mögliche Farbauswahl. Schwarz, Weiß, Metallic-Effekte und besonders Fluo-Farben sind dann sehr zu empfehlen.

4. Gewässer schimmern häufig in bestimmten Farben (Ozeanblau, Smaraggrün oder Bräunlich-Gelb). Die Ursache dafür sind Lichtwellen, die durch das Wasser wanderten und „gefiltert“ wieder austreten. Die Farbe des Wassers ist deshalb ein Indikator dafür, welche Farben aus der Tiefe „zurückkommen“. Sie können als ganz grober Anhaltspunkt für die Auswahl der Köderfarben dienen. Oft liegt man mit der Gewässerfarbe als Köderfarbe ziemlich gut, da diese Lichtwellen dieser Farbe gut das Wasser durchdringen können.